Freitag, 9. Oktober 2009

Art déco am anderen Ende der Welt

Nach 3 Tagen Sperre des Bergpasses wegen Schnees konnte ich heute, am 8.10.2009, meine Reise fortsetzen. Ziel: gen Osten nach Napier im Herzen der Hawke´s Bay, einem der größten Weinanbaugebiete Neuseelands. Während meine Fahrt nur 3 Stunden dauerte, geht meine Zeitreise nun ins Jahr 1931. Alles änderte sich in Napier schlagartig, als am 3. Februar 1931 ein gewaltiges Erdbeben der Stärke 7,9 die Erde aufwarf und einige hundert Menschenleben forderte. Das Zentrum der Stadt war völlig zerstört, die Erde erhob sich um rund 2 m und verdrängte das Meer um einige Meter nachhaltig. Während Backsteinhäuser zerfielen, hielten die Holzhäuser teilweise stand, konnten jedoch dem anschließenden Großfeuer keinen Widerstand leisten. Ein Naturhafen entstand. Wenn man also überhaupt davon sprechen kann, dass das Erdbeben von 1931 etwas Gutes hatte, so war es die Gelegenheit des kompletten Wiederaufbaus, nicht nur mit erdbebensicheren Materialien, sonder auch in völlig neuer Form, neuer Architektur. Napier stützte sich dabei auf zeitgenössische Ideen und konzentrierte sich vor allem auf den Art déco. Es herrschte jedoch Ende der 20er Jahre Weltwirtschaftskrise, weshalb Napiers Art déco Version von der Not dieser entbehrungsreichen Ära geprägt ist. Gleichzeitig ließen sich die Architekten vom ähnlich sonnenüberfluteten und für Erdbeben anfälligen Kalifornien inspirieren, das nur sechs Jahre zuvor ebenfalls einem Erdbebenschicksal zum Opfer fiel. Sie übernahmen die Brunnen (als Symbol der Erneuerung), aufgehende Sonnen, Zickzackleisten, Blitze und stilisierte Riffelungen, um den asymmetrischen Designs zusätzlichen Reiz zu verleihen. Doch diese Architektur nimmt nicht nur eine Stilrichtung mit, sondern entwickelte sich im Laufe von Jahren und verbindet somit den Spanish-Mission-Stil, ägyptische und Mayamotive, florale Muster genauso wie die lokalen Maorieinflüsse. Und ich muss zugeben – hier am anderen Ende sehr unerwartet für mich, doch die Architektur hat durchaus ihren Reiz. Insbesondere dann, wenn diese Ära von Menschen wie dem netten Herren, der vor seinem Oldtimer für mich posiert, ein wenig aufrecht erhalten und mit Leben gefüllt wird.








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